„Ich möchte jetzt nicht nur an euch appellieren, sondern euch auch vehement dazu aufrufen, niemals den Traum von Gerechtigkeit und einer besseren Welt aufzugeben."
(Aylin Krüger/Schülersprecherin)
Seit November ist das BBG unter der Schirmherrschaft von Barbara Yelin offiziell „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, wozu es eine bunte Auftaktveranstaltung in der Aula mit allen Klassen gab. Schon seit Jahren hat die Schulgemeinschaft darüber diskutiert, ob wir das „Label“ brauchen, wenn es dann doch nicht ausreichend gelebt würde und Alltagsrassismus doch immer auch eine Erfahrung bliebe. Damit wir uns dem entgegenstellen, hat sich nun eine Gruppe von engagierten Schüler*innen unter der Leitung von Sabine Rummel entschlossen, mit dem Anschluss an das bundesweite Netzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ am BBG Strukturen zu schaffen, die uns immer wieder zur Reflexion und zum Handeln gegen Rassismus verpflichten.
Ein Bericht zur Auftaktveranstaltung im Wochenanzeiger finden Sie hier.
Dazu hat die Schülersprecherin Aylin Krüger folgende Rede gehalten:
Ihr Lieben,
Ich würde jetzt gerne sagen, dass es mich sehr freut, heute vor euch zu stehen. Aber das stimmt nicht.
Vor 61 Jahren wurde eine der wohl bedeutendsten Reden unserer Geschichte gehalten.
In dieser Rede sagt Martin Luther King: I have a dream!
Er hatte den Traum, dass sich seine Nation erheben und der wahren Bedeutung ihres Credos gerecht werden wird, das da lautet: „Folgende Wahrheiten erachten wir als selbstverständlich: dass alle Menschen gleich geschaffen sind.“
Und jetzt dazu, warum es mich nicht freut, heute vor euch zu stehen: Dieser Traum ist auch 61 Jahre später noch nicht in Erfüllung gegangen.
Vor einigen Jahrhunderten gab es schon mal eine Pandemie.
Da hat sich eine Krankheit namens Rassismus wie ein Lauffeuer über Staatsgrenzen und Kontinente hinweg ausgebreitet.
Und diese Krankheit namens Rassismus fordert bis heute Tote.
Ob wir den europäischen Kolonialismus des 15. Jahrhunderts, Sklaverei in den USA des 18. Jahrhunderts oder die südafrikanische Apartheid des 20. Jahrhunderts angucken: Rassismus war viel zu lange gesetzlich geschützt, in Institutionen verankert und als ganz normal angesehen.
Aber auch wenn Kolonialismus, Sklaverei und Apartheid beendet wurden, hat das nicht das Ende des Rassismus eingeläutet.
Am 25. Mai 2020 starb der 46-jährige George Floyd durch rassistische Polizeigewalt in Minnesota.
Sein Schicksal ist kein Einzelfall in unserer Zeit. Rassismus ist immer noch strukturell und Rassismus ist immer noch tödlich.
Aber er trägt viele Gesichter:
Rassismus ist auch, wenn Furkan, der hier geboren und aufgewachsen ist, an der Kasse gefragt wird, warum er so gut Deutsch spricht.
Rassismus ist auch, wenn Lena einfach von fremden Menschen ins Haar gegriffen wird, weil sie ja nur “ihren Afro bewundern wollen".
Und Rassismus ist auch nicht nur in Texas und Sachsen, sondern überall.
Und Rassismus richtet sich nicht gegen alle Menschen, aber Rassismus betrifft uns alle.
Und jetzt denken manche von euch vielleicht: scheisse Aylin, es ist ja toll, dass wir jetzt ein Schild mit Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage haben, aber was können wir denn verändern?
Und da habt ihr in Teilen recht: Mit einer Selbstverpflichtung bei uns, werden wir Rassismus nicht aus Strukturen und Systemen auf der ganzen Welt rausstreichen.
Diese Selbstverpflichtung zu Antirassismus beginnt hier am BBG, hört aber nicht an den Mauern unserer Schule auf. Eine antirassistische Haltung fängt in unseren Köpfen an und unsere daraus resultierenden Handlungen werden Wellen schlagen, die genau wie Rassismus Mauern, Ländergrenzen und Kontinente überschreiten und Zeiten überdauern können.
Denn wir sind das System und wir sind die Zukunft.
Ich möchte jetzt nicht nur an euch appellieren, sondern euch auch vehement dazu aufrufen, niemals den Traum von Gerechtigkeit und einer besseren Welt aufzugeben.
Yoko Ono hat es schon vor vielen Jahrzehnten sehr gut zusammengefasst:
Ein Traum, den man alleine träumt, bleibt ein Traum. Ein Traum, den man gemeinsam träumt, wird Wirklichkeit.
Also ja, Rassismus ist überall. Aber wir sind es auch.
Und ja, Rassisten sind viele. Aber wir sind mehr.
Und ja, Rassismus ist strukturell. Aber Antirassismus ist es auch.
1963 sprach Martin Luther King davon, dass er einen Traum hat.
Und es freut mich nicht, dass wir heute zusammengekommen sind in dem Wissen, dass dieser Traum noch keine Wirklichkeit ist.
Aber es freut mich umso mehr, dass wir heute nicht nur zusammengekommen sind, um diesen Traum in unseren Reihen am Leben zu halten, sondern auch, um dafür zu kämpfen, dass er irgendwann Wirklichkeit wird.
Danke.