Dies ist der erste Artikel unseres Grundgesetzes (GG). Was steckt dahinter? Selbstbestimmung. Schutz vor (staatlicher) Gewalt. Willens- und Entscheidungsfreiheit. Geistes- und Gewissensfreiheit. Individualität. Handlungsfreiheit. Soziale Gerechtigkeit. Eine Garantie der gleichen Würde für alle.

Was uns mit Artikel 1 GG garantiert ist, gilt nicht in China. Ein großes Land, dessen geografische Schönheit beeindruckt, dessen Geschichte fasziniert, dessen Größe so viel Gewicht hat. Minderheiten wie die der Uiguren haben aber nicht dieselben Rechte wie die Mehrheitsgesellschaft. In einem Vortrag und Gespräch mit zwei uigurischen Zeitzeuginnen setzten sich Schülerinnen der 10. und 11. Jahrgangsstufe mit den Menschenrechtsverletzungen an dieser ethnischen Gruppe auseinander.

Nach den Berichten der beiden Gäste werden Uiguren in sg. „Umerziehungslagern“ massenweise interniert, Frauen sterilisiert oder zur Heirat mit einem Han-Chinesen gezwungen. Kinder uigurischer Familien werden im Kindergartenalter ihren Eltern entrissen, um sie dauerhaft in chinesischen Internaten unterzubringen. Die jungen Männer werden weit ins Landesinnere verschleppt und dort zu einer Arbeit gezwungen; möglicherweise wurden auch unsere Corona-Masken von diesen „freiwilligen“ Arbeitern für wenig Lohn hergestellt.

Die Region, in der die Uiguren seit jeher lebten, nennen sie selbst „Ostturkestan“, offiziell trägt sie den chinesischen Namen „Xinjiang“, was so viel wie neues Land bedeutet, da das Land der Uiguren von China nach dem Zweiten Weltkrieg aus geopolitischen Gründen annektiert wurde. Die Uiguren besaßen keine Schutzmacht wie etwa Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg. Mittels eines groß angelegten Migrationsprogramms von Han-Chinesen, die 90 Prozent der Bevölkerung in China ausmachen, wurden die Uiguren und Kasachen nach und nach aus ihren Jobs und Posten gedrängt und immer mehr diskriminiert. Dies führte 2009 zu Aufständen, was der chinesischen Regierung Anlass gab, mehr Polizei zu schicken und Xinjiang zu einem sehr stark bewachten, wenn nicht zum stärksten bewachten Gebiet weltweit zu machen. Überall sind Kameras installiert, die Handys der Uiguren werden dauernd abgehört, jede uigurische Familie hat chinesische „Paten“, die bis in das Innerste der Familie hineindringen, die Überwachungstechniken werden zunehmend optimiert.

Von den Uiguren in den Lagern fehlen meist jegliche Spuren. Nur wenige Menschen haben es überhaupt aus den Lagern herausgeschafft: Sie berichten von brutalen Indoktrinationen, Zwangssterilisationen, von sexualisierter Gewalt, Schikanen, Elektroschocks, Demütigungen und Zwangsarbeit. Ziel ist es offensichtlich, die Kultur dieser Minderheit auszulöschen.

Eine Schülerin fragte, ob dieses Vorgehen Chinas mit dem Holocaust vergleichbar sei. In der UN-Genozidkonvention von 1948 steht dazu Folgendes: Nach Artikel II versteht man unter Genozid, „die an einer nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe begangenen Handlungen: Tötung von Mitgliedern der Gruppe; Verursachung von schwerem körperlichem oder seelischen Schaden an Mitgliedern der Gruppe, vorsätzliche Auferlegung von Lebensbedingungen für die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizuführen; Verhängung von Maßnahmen, die auf die Geburtenverhinderung innerhalb der Gruppe gerichtet sind; gewaltsame Überführung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe. Diese Handlungen müssen in der Absicht begangen werden, die Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören.“

Wir sollten uns unserer eigenen Menschenrechte bewusst sein, aber uns auch für die anderer Menschen einsetzen, denen diese Grundrechte verwehrt werden.