Man hätte eine Stecknadel fallen hören können – so still war es im Raum, als Barbara Yelin ihre Graphic Novel vorstellte. Gebannt lauschten die Schülerinnen ihren Erzählungen über das Leben der Zeitzeugin Emmie Arbel, deren Erinnerungen die Künstlerin in berührenden Bildern und Worten zum Ausdruck gebracht hat.
Eine Graphic Novel bietet eine besondere Form der Erzählung: Während ein Buch allein durch Worte wirkt und ein Film die Bilder bereits in Bewegung setzt, verbindet die Graphic Novel Text und Illustration zu einer eigenen Kunstform. So wird das Geschehen auf eine Weise greifbar, die unmittelbar berührt – und genau das machte diese Lesung so besonders.
Die Künstlerin nahm sich Zeit, nicht nur aus ihrem Werk zu lesen, sondern auch von dessen Entstehungsprozess zu berichten. Sie schilderte, wie sich im Laufe der Arbeit nicht nur die Geschichte, sondern auch ihre eigene Perspektive weiterentwickelte. So war es nicht nur eine künstlerische Annäherung an eine historische Erzählung – es war auch eine persönliche Begegnung, die Spuren hinterlassen hat. Während der gemeinsamen Arbeit entstand eine enge Freundschaft zwischen den beiden Frauen, die auch die Darstellung in der Graphic Novel prägte. Die Geschichte ist damit nicht nur ein Dokument der Vergangenheit, sondern auch ein Zeugnis einer tiefgehenden Verbindung zwischen zwei Generationen.
Ein Video bot den Schülerinnen die Möglichkeit, den Schaffensprozess hautnah mitzuerleben. Es veranschaulichte, mit welchen Techniken und Farben Barbara Yelin arbeitet und wie Schritt für Schritt ein Bild entsteht.
Die Reaktion der Schülerinnen sprach für sich: Zahlreiche Fragen zeugten von ihrer intensiven Auseinandersetzung mit dem Gehörten und Gesehenen. Sie waren sichtlich bewegt – die Lesung hatte sie auf eine Weise erreicht, die über das bloße Zuhören hinausging. Eine solche Veranstaltung vergisst man nicht so schnell.
Mit der gelungenen Verbindung aus Kunst, Geschichte und Reflexion zeigte die Lesung eindrucksvoll, was eine Graphic Novel leisten kann: Sie macht Geschichte greifbar, bringt Fragen zum Klingen und hinterlässt Spuren – nicht nur auf dem Papier, sondern auch in den Köpfen und Herzen der Zuhörenden.
Sabine Rummel
Barbara Yelin: Emmie Arbel, Die Farbe der Erinnerung (Verlag: Reprodukt)